Infoabend Grüne Gentechnik
Grüne Gentechnik geht alle an!
Ein zukunftsorientiertes Thema präsentierte in Haidenkofen am Donnerstagabend Norbert Schott über die Grüne Gentechnik oder Agrogentechnik, wie sie auch genannt wird. Der Referent aus Wiesenfelden sprach über die Zusammenhänge und beleuchtete die Hintergründe dieser Thematik.
"Gentechnisch verändert" ist ein Organismus, dessen gentechnisches Material in einer Weise verändert worden ist, wie es unter natürlichen Bedingungen nicht vorkommt. Mit der Gentechnik werden gezielte Eingriffe in das Erbgut ermöglicht. Obwohl es große Gemeinsamkeiten zwischen den verwendeten Methoden gibt, wird häufig nach Anwendungsbereiche differenziert. Während die Weiße Gentechnik (biotechnologische Methoden für industrielle Produktionsverfahren) sowie die Rote Gentechnik (medizinischer und pharmazeutischer Bereich) in einem geschlossenen System zur Anwendung kommen, ist die Grüne Gentechnik mit der Anwendung bei Pflanzen in der freien Natur nicht mehr rückgängig zu machen.
Auf die Anwendung der Gentechnik in der Landwirtschaft ging der Referent dann näher ein. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts FORSA im Mai 2009 sprachen sich 78 % der Deutschen gegen Genfood aus. Der weltweite GVO Anbau betrug 2009 ca. 134 Mio. Hektar, das entspricht 9,2 % der gesamten weltweiten landwirtschaftlichen Ackerfläche, aber nur 2,6% der Nutzfläche. Gentechnisch verändert werden vor allem Soja, Baumwolle, Mais und Raps. Der GVO-Anbau findet zu 92 % in fünf Ländern statt (USA, Kanada, Brasilien, Argentinien und Indien).
In Europa ist nur der Gen-Mais (Mon 810) zum Anbau zugelassen. Dieser wird vor allem in Spanien angebaut. 2009 wurde in Ungarn, Frankreich, Luxemburg, Österreich, Griechenland und Deutschland der Anbau von Gen-Mais verboten. Deutschland ist nach dem Anbauverbot im Frühjahr 2009 aus der Liste der Gentechnik-Länder verschwunden. Aufgrund der Zulassung der Genkartoffel Amflora vor Kurzem dürfte nun allerdings die Wiederaufnahme anstehen.
Durch die Agro-Gentechnik sollen Pflanzenschutzmittel eingespart und Erträge gesteigert werden. Verschiedene Versuchsproben haben jedoch gezeigt, dass gentechnisch veränderte Samen nicht in der Lage sind, den Ertrag der Ernte zu steigern. Eine wachsende Zahl von Unkräutern wird zunehmend resistent gegen Pflanzenschutzmittel und kann nur durch den Einsatz zusätzlicher Herbizide bekämpft werden.
Ein großes Risiko stellt lt. Herrn Schott die Tatsache dar, dass mittlerweile nur sechs Konzerne 52 % des Weltmarktes für Saatgut und fast 100% für gentechnisch verändertes Saatgut beherrschen. Auch 70 % des globalen Pestizidmarktes werden von sechs Konzernen beherrscht. Die möglichen Folgen dieser Marktkonzentration kann man z. B. anhand der explodierenden Saatgutkosten für Soja in den USA sehen. Diese sind seit der Einführung von Gensoja 1995 um fast 500 % gestiegen. Die Angst vor der Macht von wenigen agrochemischen Firmen über den Herstellungsprozess ist begründet.
Die EU schreibt die Koexistenz, das friedliche Nebeneinander von gentechnisch verändertem, konventionellem und ökologischem Anbau, und die Wahlfreiheit für Anwender und Verbraucher, welche Produkte sie kaufen wollen, vor. Herr Schott zeigte anhand einiger Beispiele auf, dass eine Vermeidung der Kontamination konventioneller Produkte mit Genprodukten in der Praxis kaum realisierbar ist. Es gibt zu viele Gefahrenquellen einer Vermengung (Saatgut, Lohnmaschinen, Transport, Verarbeitung, Vögel, Pollenflug, Bienen usw.).Diese Verunreinigungen können bei bestimmten Kulturen einen GVO-freien Anbau innerhalb weniger Jahre unmöglich machen.
Wissenschaftlich bewiesen ist auch, dass gentechnisch veränderte Nahrungsmittel ein Risiko für die Gesundheit darstellen können. So führten Tierversuche bei Ratten zu einer negativen Veränderung in deren Immunsystem mit dem Ergebnis einer höheren Sterblichkeitsrate, einer kürzeren Lebenserwartung sowie krankhaften Veränderungen innerer Organe. Auch bei Schmetterlingsraupen kam es durch eine bestimmte Konzentration an MON810-Pollen zu Schädigungen.
Die These, dass Gentechnik ein Mittel zur Hungerbekämpfung ist, widerlegte der Referent. Laut einer Studie von ISAAA werden Genpflanzen nämlich keineswegs für die Ernährung der Bevölkerung angebaut. In Argentinien und Brasilien wächst fast ausschließlich Gensoja, in Indien und China nur genmanipulierte Bt-Baumwolle. Beide Pflanzenarten dienen aber mitnichten als Nahrungsmittel, sondern werden entweder in die Industriestaaten exportiert oder zu Textilien verarbeitet. In Argentinien stieg die Zahl der Hungernden seit der Einführung des Gensoja-Anbaus sogar stark an. Dies ist logisch, wenn man bedenkt, dass inzwischen auf 50 % der argentinischen Äcker Gensoja wächst, ein reines Exportprodukt.
Zum Abschluss referierte Herr Schott noch über die Risiken von Biopatenten, die wesentlich weiterreichende Folgen als der Sortenschutz haben. Zu bedenken sei hier, dass auch kontaminierte Ernten lizenzpflichtig sind. Zusammenfassend erläuterte Herr Schott, dass sich weltweit die Resistenzen gegen Pflanzenschutzmittel mehren und die Langzeitrisiken von gentechnisch veränderten Pflanzen für Mensch und Umwelt noch nicht geklärt sind. Auch bestehen noch erhebliche Mängel in der Sicherheitsforschung zu gentechnisch veränderten Organismen.
Anschließend beantwortete der sehr engagierte Referent den Zuhörern noch mehr als eine Stunde verschiedene Fragen. Nach einer kontrovers geführten Diskussion unter Abwägung der Vorteile und Risiken der Agro-Gentechnik endete dieser sehr interessante und informative Abend.
Beitrag vom 20.03.2010